DIE LEUTE SIND DER ORT IST DIE LEUTE

3/25/2017

Ich danke dir dafĆ¼r, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

Ich wollte immer eine Margo sein. Mysteriƶs. Und sagenumwoben. Mutig und schlagfertig. Bewundernswert. Ich wollte immer so sein wie sie. So angesehen werden wie sie.
Vielleicht ist mir das sogar gelungen. Oder vielleicht hat es John Green geschafft mein Lieblingsbuch zu schreiben, weil ich vorher schon so war und mich darin wieder gefunden habe? Ein MƤdchen, das viel zu viel fĆ¼hlt, um all’ das auszusprechen. Das Gewƶhnliche verabscheuend, aber dennoch lebend. Gute Miene zum bƶsen Spiel. Viel zu viel Smalltalk – wohl wissend, dass mir das nichts bringt, dass ich anders bin, andere Geschichten erzƤhlen und erzƤhlt bekommen will.


Aber in einer Sache werden Margo und ich uns nie einig sein.
Sie will wurzellos sein. Denkt, wurzellos sein zu mĆ¼ssen – weil der NƤhrstoff fehlt, der Halt, die letzte Seite. „Die Leute sind der Ort ist die Leute“, sagt sie abwertend. Verachtend.
Wenn ich an irgendeinem Fenster im 10. Stock Ć¼ber Mannheim stehe oder ein weiteres Mal mit der StraƟenbahn Ć¼ber die BrĆ¼cken der Stadt fahre und mein Blick Ć¼ber die HƤuser, den Neckar, die wunderschƶne Silhouette der Stadt schweift, spĆ¼re ich tiefste Zufriedenheit. Und das beruhigt, beunruhigt mich. Aber es ist einfach so: wƤhrend Mannheim fĆ¼r viele das Zentrum von Gewalt, Hass, Armut und dubiosen Bettelbanden geworden ist, so ist und bleibt diese Stadt meine zweite Heimat. Mein zu Hause. Und dieses GefĆ¼hl werde ich mir nicht nehmen lassen. Hoffentlich.


Die Leute sind … – ich kann es nicht genau sagen. Verbohrt? Ƅngstlich? Gegen jegliche VerƤnderung? Aber der Ort ist wunderbar.
Der Ort, das sind meine Erinnerungen. Mannheim ist meine Festung, mein Ruhepol. FĆ¼r mich. Und obwohl der GroƟteil meiner Freunde schon lƤngst ausgeflogen ist, so kann ich es mir nicht vorstellen, dieser Stadt jemals gƤnzlich den RĆ¼cken zu kehren. Aber das muss ich auch nicht. Denn ich weiƟ: ich kann jederzeit zurĆ¼ck kommen. Konstante. Bald mƶchte ich mal wieder meine meine Heimatstadt besuchen, meine Familie in Niedersachsen. Und ich kann es nicht erwarten zu gehen – weil ich weiƟ, dass ich nicht mein Leben lang am selben Ort bleiben kann. Und weil die Heimat existiert, damit man nach Hause kommen kann. Und um das zu tun, muss man sich vorher verabschieden. Also bin ich ausgeflogen und  habe neue Erinnerungen an neue Fassaden geheftet. Ich werde auf fremden ParkbƤnken heulen. Und unserer gemeinsamen Wohnung in Mannheim Leben einhauchen. Und nach Mannheim? Kommt Asien. Kommt Italien. Kommt wer-weiƟ-wo.



Und zwischendrin: Gifhorn. Zum nach Hause kommen. Zum am Schlosssee entlang flanieren. FĆ¼r „Hier hatte ich  meinen allerersten Kuss“ – Erinnerungen. Mannheim: Bekannte Gesichter. ƜberfĆ¼llte Neckarwiese im Sommer. Die StraƟenbahnlinie 5.
Was ich mir jetzt noch wĆ¼nsche? Dass Margo und ich uns doch noch einig werden. Und ich sagen kann: „Die Leute sind der Ort ist die Leute“. Mit einem guten Gewissen, meine ich. Mƶge die Schƶnheit der Stadt auf die Charaktere der Menschen Ć¼berschwappen. Hƶrt auf mit aller Kraft gegen unsere eigenen Mauern zu treten. Ich will leben. Und gern zurĆ¼ck kommen.



… so ist und bleibt diese Stadt meine Heimat. Mein zu Hause. Und dieses GefĆ¼hl werde ich mir nicht nehmen lassen. Hoffentlich. Aber die leise Vermutung, dass ich die Distanz nutze, um mich zu distanzieren, werde ich einfach nicht los.

Leggings Only / Pullover Mango / Jacke Lesara / Schuhe Tamaris

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1 Kommentare

  1. Ich weiƟ zwar nicht an welches Buch du von John Green anlehnst, aber sehr toller geschriebener Text! :)
    Ein Ort ist nur so schƶn, wie die Erinnerungen von ihm sind. Wenn man viel reist, merkt man das besonders gut.
    Tolles Outfit Ć¼brigens !

    AntwortenLƶschen

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