BOOK: MEDEA

9/15/2016

"Ein unbezwingbar Übel ist der wilde Zorn."


Liebe, Hass, Schmerz, Betrug - das alles kennen wir aus den Seifenopfern des Nachmittagsprogramm oder qualitativ hochwertiger aus Hollywood Blockbustern. Er liebt sie, doch sie weist ihn zurück, heiratet einen Anderen, der bei einem tragischen Autounfall ums Leben kommt. Ein Jahr später: Ein zufälliges Aufeinandertreffen, Blicke kreuzen sich und PENG! Liebe. Aber falls ihr denkt, da hätte sich ein Drehbuchautor etwas ganz tolles innovatives einfallen lassen, dann irrt ihr euch gewaltig. Fast alle modernen Dramen gab es schon einmal, nämlich in der Antike. Deswegen soll es heute auch um ein Drama gehen, dass mir besonders am Herzen liegt, denn: Ich werde dank meiner Masterarbeit im nächsten Semester noch einige romantische Stunden in der Bib mit der Dame namens Medea verbringen. 

Inhalt: Jason hat mit Hilfe der Königstochter Medea das wundertätige goldene Vlies aus dem Besitz des Königs von Kolchis, Medeas Vater geraubt und ist mit ihr nach Korinth geflohen. Dort gewährt ihnen König Kreon Asyl. Wenn die Handlung einsetzt, hat sich Jason bereits von Medea abgewandt und ist eine Verbindung mit Glauke, der Tochter Kreons, eingegangen. Medea ist zutiefst verletzt und schmiedet Rachepläne. In einer großen Auseinandersetzung wirft sie Jason vor, für ihn die Heimat verlassen und alles aufs Spiel gesetzt zu haben, während er sie nun verrät und seine Eide bricht. Eine Rückkehr nach Kolchis ist für sie unmöglich, da sie ihren Bruder ermordet und den Raub des Goldenen Vlieses erst ermöglicht hat. Jason argumentiert rational und pragmatisch: die Verbindung mit der Königstochter käme auch ihr und den gemeinsamen Söhnen zugute, da sie als Fremde sonst immer Außenseiter blieben. König Kreon überbringt Medea seinen Entschluss, sie aus seinem Land zu verbannen. Mit ihren Rache-Drohungen und Zauberkünsten stellt sie für ihn ein Sicherheitsrisiko dar. Medea erwirkt einen Tag Aufschub. Wider besseren Wissens gewährt Kreon ihr die Frist. Daraufhin täuscht sie Jason, indem sie vorgibt, versöhnende Geschenke an die Königstochter senden zu wollen, damit wenigstens die Kinder von der Verbannung verschont würden. Jason geht auf ihren Wunsch ein und begleitet die Kinder. Er überredet Glauke, die Geschenke - ein Kleid und einen goldenen Kranz - anzunehmen. Das Gift, mit dem Medea das Kleid getränkt hatte, tötet die Königstochter wie auch Kreon, der versucht, ihr zu Hilfe zu kommen. Medea ermordet ihre Söhne, um sie der Rache der Korinther zu entziehen und Jason durch den Tod seiner Nachkommen zu strafen. Sie entflieht auf einem Drachenwagen, den ihr der Sonnengott Helios, ihr Großvater, schickt. 

Meinung: Es ist in der Tat unglaublich, wie zeitgemäß - vielleicht abgesehen von der Eigentümlichkeit der Sprache - dieses Stück ist. Euripides benutzt einen mythologischen Stoff, um die Gekränktheit der Medea, deren Ehemann Jason sich eine andere Frau nimmt, in einen Rachefeldzug ausarten zu lassen, der sie nicht nur ihre Nebenbuhlerin, sondern auch die eigenen Kinder umbringen lässt, nur um ihren Ehemann leiden zu sehen. 
Würde man die Sprache anpassen, könnte das Stück direkt in das 21. Jahrhundert übernommen werden, so fulminant werden die egoistischen Motive des Mannes und der emanzipatorische Ansatz der Frau deutlich, die in einem sinnlosen Gewaltakt kulminieren. Dabei ist das ganze auch noch psychologisch präzise und fesselnd zu lesen. 

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