BOOK: TORBEN STIRBT IM WOHNZIMMER

7/06/2016

"Literatur heißt, sich die Gefühle von der Seele zu schreiben und eben von den Dingen zu berichten, die dich in deinem Leben berühren und beschäftigen."







































Wie einige vielleicht wissen habe ich in den vergangenen Semesterferien ein Praktikum im Größenwahn Verlag in Frankfurt absolviert. Zum Abschied durfte ich mir ein Buch aussuchen. Ich habe mich prompt für Torben stirbt im Wohnzimmer von Levend Seyhan entschieden, da es mir auf der Leipziger Buchmesse von einem unserer lieben Autoren, Andreas Deffner empfohlen wurde. Hier meine Meinung dazu. 

INHALT: Kaan spielt Tennis, klettert die Weltrangliste hoch, wird von den Massen bejubelt. Und Kaan ist ein Träumer, denn in Wirklichkeit ist er ein junger Mann mit türkischem Migrationshintergrund, der Vater gestorben, die Freundin ausgezogen, und nun auch ohne Job. Kaans Leben steckt in einer Sackgasse. Da erscheint plötzlich nach einer längeren Zeit im Ausland sein alter Freund Torben und nistet sich in seiner Wohnung ein. Er bringt nicht nur frischen Wind in Kaans Welt, sondern auch schlechte Nachrichten: Torben ist krank. Für Kaan beginnen die Erinnerungen an die Vergangenheit zu erwachen. 

MEINUNG: Der Roman ist in zwei Erzählebenen strukturiert: Im Präsens die Gegenwart, in der die wenigen Wochen bis zu Torbens Tod erzählt werden; im Imperfekt eine lockere Abfolge von Rückblenden, die Kaans Abschied von Sonja (seiner Exfreundin) und seine Besuche bei seiner verwitweten Mutter behandeln, die aber auch in frühere Zeiten zurückreichen als Torben von seinem Vater misshandelt wurde oder Kaan aufgrund seiner Herkunft von einem Gleichaltrigen bedroht wurde. Torben stirbt im Wohnzimmer ist ein Reflexionsroman. Die Migrationsthematik findet ebenfalls Anklang. Kann wurde in seiner Jugend diskriminiert und verprügelt. Sein Vater hat als Gastarbeiter gelitten. Dennoch steht das Sterben des Freundes im Fokus und nicht die Tragik der Migrationserfahrung. Sie ist grundsätzlicher, steht darüber. Dadurch transportiert der Romen eine grundlegende Integrationserfahrung. Auch sprachlich enthält das Buch Einflüsse von Migrantendeutsch, die aber letztlich im Muttersprachlichen Wortspiel aufgehen. Der Ton schwankt zwischen der Jugendsprache des 21. Jahrhunderts und einer zuweilen altertümlich erscheinenden Ausdrucksweise, die den Klassikern der deutschen Literatur entlehnt ist. Ich hätte mir, vor allem im zweiten Teil, eine stärker ansteigende Spannungskurve und weitere Verdichtung gewünscht. Aber auch so entsteht ein sehr intensives Bild eines Lebensbewältigungsprozesses, der die Migrationserfahrung zwischen Resignation und Aggression immer wieder thematisiert, aber noch viel weiter darüber hinausgeht. 


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