BOOK: DIE FALLE

8/12/2016

"In meiner Welt gibt es keine Erde, keine Bäume und keine Wiesen, keine Kaninchen und keinen Sonnenschein. Das Vogelgezwitscher kommt vom Band, die Sonne aus dem Solarium in meinem Keller. Meine Welt ist nicht weit, aber meine Welt ist sicher. Zumindest dachte ich das."

Mördern und Verbrechern auf die Spur kommen, ist ein gefährlicher und oft blutiger Job. In Kriminalromanen blicken wir Pathologen, Anwälten, Detektiven, Polizisten und Psychologen bei ihrer Arbeit über die Schulter und begeben uns mit ihnen in menschliche Abgründe. Das ist aber nicht nur reine Männersache: Weibliche Kommissarinnen wie Julia Durant aus der Feder des Autors Andreas Franz, Agatha Christies legendäre Detektivin Miss Marple oder ganz normale Frauen wie Smilla Jaspersen aus Peter Høegs Bestseller begeistern Krimifans mit Mut und Spürsinn. Das weibliche Ermittler-Duo Rizzoli und Isles aus den Krimis von Tess Gerritsen bot die Vorlage zu einer erfolgreichen TV-Serie. Aber auch die Gerichtsmedizinerin Kay Scarpetta oder die Forensikerin Tempe Brennan stehen ihren männlichen Kollegen in Instinkt und Durchsetzungsvermögen in nichts nach. 
Starke Romanfiguren sind etwas tolles und genau so eine durfte ich auch in Die Falle von Melanie Raabe kennenlernen, einem Thriller der im btb Verlag erschienen ist. Dennoch muss ich gestehen, dass es mir zum Semesterende schwer fiel in der Freizeit. Neben den Fachbüchern für die Hausarbeit und einigen Dramen für die Masterarbeit, blieb oft abends keine Leselust mehr für ein Buch in der Freizeit übrig. Mein häufigstes Argument: Meine Augen sind müde. Dabei ist dass ja gar kein Problem. Schließlich gibt es einen Großteil der neuen Erscheinungen auch als Hörbuch, zum Beispiel bei audible. Wer also nach einem langen Tag einfach nur noch die Augen schließen will, um zu entspannen, dem kann ein Hörbuch dennoch Unterhaltung bieten. Ich persönlich höre Hörbücher auch gerne in der Badewanne, ohne Gefahr die wertvollen Seiten zu zerstören oder während einer langen Autofahrt. Denn sein wir mal ehrlich: Die immer gleiche Radiomusik ist nach zwei Stunden Fahrt nur noch nervig. Nun aber zur Rezension.

Inhalt: Die berühmte Bestsellerautorin Linda Conrads lebt sehr zurückgezogen. Seit elf Jahren hat sie ihr Haus nicht mehr verlassen. Als sie im Fernsehen den Mann zu erkennen glaubt, der vor Jahren ihre Schwester umgebracht hat, versucht sie, ihm eine Falle zu stellen - Köder ist sie selbst. 

Meinung: In klarer, einfacher Sprache und durchaus mit Tempo bringt Raabe in ihrem Debüt die Geschichte voran. Teilweise in zu einfacher Sprache, in der die Komplexität des emotionalen Aufruhrs in der Autorin nicht immer fühlbar in den Raum tritt, sondern zu sehr im nur dramatisch Beschreibenden verbleibt.
Die einzelnen Etappen des Plans bieten dabei zunächst auch keine sonderlich realitätsnahe emotionale Einbeziehung des Lesers. In ein paar Stunden sich mit einem Ass der Verhörtechnik fortbilden, in, so wirkt es, einer Trainingseinheit den Körper stählen, mit einer Vogelspinne die Angst in den Griff bekommen, all das reiht sich eher unverbunden aneinander und lässt den Roman auf den ersten Blick doch sehr vorhersehbar und mit Klischees behaftet erscheinen. Das gipfelt in der plötzlichen Heilung ihrer psychischen Probleme. Auch das Buch im Buch, der Thriller, den die literarische Grande Dame schreibt, wirkt nicht sonderlich spannungsfördernd. 
Dennoch, es lohnt sich, dabei zu bleiben, denn auch wenn das Ende und die Auflösung des Falles eher routiniert daherkommen, der Weg zu diesem Finale, der Showdown mit dem vermeintlichen Mörder ihrer Schwester, der so ganz anders verläuft, als Linda ihn sich vorgestellt hat, dieser Weg ist sehr gelungen. 
Das hin- und herwiegen der Überraschungen, die Konfrontation, dieses perfide All you need is love, das Linda sich wohl nur einbildet zu hören und das ihr den Schweiß auf die Stirn treibt, dieser kühle Mann ihr gegenüber, all das dreht und wendet sich überraschend und mit Tempo von Seite zu Seite, bis der Leser, sich zunächst ebenso erschöpft und verwirrt wiederfindet, wie Linda es am Ende der ersten Konfrontation sein wird. 
Kann es sein, dass deswegen ihre Eltern mit ihr nicht sprechen wollen? Dass die ermittelnden Beamten damals ganz anderes im Kopf hatten, als Linda die ganzen Jahre über dachte?
Ein Spiel voller Intrigen und Täuschungen, mit überraschenden Wendungen und Verwirrungen, mit so einigen Verdächtigen und einem spannend, wenn auch dann nicht mehr sonderlich überraschenden, gestalteten Finale. Hier nimmt Raabe den Leser durchaus auch innerlich sehr gut mit hinein in diese phobische Welt ihrer Protagonistin und entschädigt für manche Stereotype und wenig glaubwürdige Entwicklung zu diesem Punkt hin. 
Alles in allem eine empfehlenswerte und im letzten Teil spannende Unterhaltung. 



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